Im Folgenden möchte ich Ihnen möglichst praktische Tipps zur Förderung der kindlichen Sprachentwicklung geben.
Über den normalen Verlauf der Sprachentwicklung in den ersten fünf Lebensjahren konnten Sie bereits unter Die kindliche Sprachentwicklung lesen. Nun soll es darum gehen, wie man diesen Verlauf günstig beeinflussen bzw. etwaige sprachliche Rückstände im häuslichen Umfeld fördern kann.
Für ein Kind sind vor allem Sie als seine Eltern bzw. die Personen, die am meisten Kontakt mit ihm haben, Vorbild für seine sprachliche Entwicklung. Es lernt Sprache durch Nachahmung, indem es das Sprachangebot hört und immer wieder versucht, dieses zu imitieren.
Allgemeine Tipps, um Ihrem Kind ein gutes sprachliches Vorbild zu sein
- Schauen Sie Ihr Kind an, wenn Sie mit ihm sprechen
Falls Ihr Kind nicht auf Ihre Ansprache reagiert, berühren Sie es sanft und versuchen Sie, seine Aufmerksamkeit zu wecken. Nehmen Sie immer wieder Blickkontakt mit ihm auf. - Achten Sie darauf, nicht zu schnell zu sprechen
Wir Erwachsene neigen als geübte Sprecher dazu, sehr schnell zu sprechen. Für ein Kind, das das Sprechen gerade erst erlernt, stellt dies eine große Hürde dar. Nur wenn Sie langsam und deutlich sprechen, hat Ihr Kind die Chance, das Gesagte richtig wahrzunehmen und zu wiederholen.
- Passen Sie Ihr Sprachniveau dem aktuellen Niveau des Kindes an
Je jünger ihr Kind ist, desto einfacher sollten Sie die Sätze formulieren.
Spricht das Kind beispielsweise erst einzelne Wörter, versuchen Sie, sich auch möglichst kurz zu fassen.
Beispiel: Das Kind sagt „Wau!“, wenn es einen Hund sieht. Sie könnten ihm antworten mit: „Ja! Ein Hund“ oder Ihr Kind sagt: „“Katze da“ und Sie sagen darauf: „Da ist eine Katze.“
Sie befinden sich also sprachlich immer ein Niveau über dem des Kindes. Verwenden Sie gerade bei sehr kleinen Kindern möglichst wenige Nebensätze und achten Sie darauf, einfache Wörter zu benutzen. - Versprachlichen Sie Ihren Alltag
Beschreiben Sie Ihrem Kind das, was Sie gerade sehen oder machen.
Auch wenn Ihr Kind noch nicht in der Lage ist, Ihnen zu antworten, führen Sie kleine ‚Dialoge’ mit ihm. Benennen Sie die Dinge, mit denen es sich gerade beschäftigt. - Benutzen Sie die gleichen Bezeichnungen für den gleichen Gegenstand
Sagen Sie z.B. nicht LKW, Lastwagen und großes Auto durcheinander. Versuchen Sie auch, immer die gleiche Formulierung für eine bestimmte Situation zu verwenden.
Wenn Sie beispielsweise wissen möchten, ob das Kind Durst hat: Fragen Sie nicht immer anders „Hast du Durst?“, „Möchtest du etwas trinken?“, „Soll ich dir etwas zu trinken geben?“….
Sie werden merken, dass das Kind deutlich schneller begreift, was Sie meinen. - Ein Kind muss einen neuen Begriff etwa 300-mal hören, bis es ihn aktiv in seiner Sprachen verwendet
Seien Sie also nicht zu schnell enttäuscht, wenn Ihr Kind ein bestimmtes Wort auch nach vielen Wiederholungen noch nicht beherrscht. - Verfallen Sie nicht in die ‚Babysprache’
Verwenden Sie von Anfang an die richtigen Begriffe.
Sagen Sie beispielsweise nicht: „heia“ für „schlafen“ oder „wau-wau“ für „Hund“. - Vermitteln Sie Ihrem Kind Freude am Sprechen
Singen Sie ihm etwas vor oder machen Sie Fingerspiele und Kniereiter mit ihm. Später kann es dann auch mitsingen bzw. mitsprechen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Sie besonders gut singen können oder möglichst viele verschiedene Spiele kennen.
Im Gegenteil, Ihr Kind wird es lieben, wenn Sie immer wieder das Gleiche mit ihm machen. Beispielsweise wird es sich bei „Hoppe, hoppe, Reiter“ schon vorher auf das „plumps“ am Ende freuen.
Sollte das Kind keinerlei Interesse an Liedern oder Reimen zeigen, holen Sie es dort ab, womit es sich gerade beschäftigt. Vielleicht interessiert sich Ihr Kind gerade für Dinge, die sich bewegen oder Geräusche machen. Benennen Sie dann den Gegenstand, den das Kind beobachtet. Erzählen Sie ihm von seiner Funktion oder bieten Sie ihm ähnliche Dinge an, die das Kind interessieren könnten.
- Variieren Sie Ihre Sprechmelodie und die Betonung beim Sprechen
Imitieren Sie beispielsweise Tiere und geben Sie unterschiedlichen Personen im Spiel bzw. beim Vorlesen verschiedene Stimmen. Seien Sie abwechslungsreich und übertreiben Sie ruhig ein wenig. - Machen Sie gezielte, kurze Pausen beim Sprechen/Vorlesen
Damit können Sie Spannung aufbauen und die Aufmerksamkeit des Kindes wecken. - Schalten Sie andere Geräuschquellen beim gezielten Spiel mit Ihrem Kind aus
Lassen Sie beispielsweise nicht das Radio oder den Fernseher im Hintergrund mitlaufen, sonst kann sich das Kind nicht auf Ihr Sprachangebot konzentrieren.
Es kommt nicht darauf an, was Sie dem Kind erzählen, sondern dass Sie ihm etwas erzählen. Selbst im oft stressigen Alltag werden sich sicherlich kurze Momente finden, in denen Sie die Aufmerksamkeit Ihres Kindes wecken können und gemeinsam Sprache ‚erleben’ (z.B. die Zeit beim Wickeln, beim Autofahren, beim Spazierengehen, beim Spülen oder Wäschefalten).
Die oben genannten Ratschläge können Sie sowohl bei Kindern anwenden, die eine normale Sprachentwicklung durchlaufen, als auch bei Kindern, die schon sprachliche Defizite zeigen und/oder sich bereits in einer logopädischen Therapie befinden.
Bedenken Sie bitte, dass die Sprachentwicklung von Kindern sehr unterschiedlich verlaufen kann. Während manche Kinder schon vor dem ersten Geburtstag beginnen, erste Wörter zu sprechen, fangen andere damit erst einige Monate später an. Manche Kinder sprechen lange nur einzelne Wörter, andere bilden schon schnell erste Sätze.
Obwohl (gesunde) Kinder die angeborene Fähigkeit besitzen, ihre Muttersprache zu erlernen und die meisten Kinder dabei keine Schwierigkeiten haben, fällt es manchen Kindern schwer, sprechen zu lernen. Sie können Ihr Kind bei diesen schwierigen Entwicklungsschritten unterstützen. Je mehr Hilfe Sie ihm dabei geben, desto einfacher wird ihm der Spracherwerb fallen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der gemeinsamen Beschäftigung!