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Die normale Sprachentwicklung

Von der Geburt bis zum 6. Lebensmonat – Das Vorsilbenalter –

Sprachverständnis:
Da ein ungeborenes Baby schon im Mutterleib hören kann, kann es die Mutter nach der Geburt an ihrer Stimme erkennen.
Es freut sich über Zusprache und reagiert ab der 6. Woche mit einem Lächeln, wenn man es freundlich anspricht.
Mit circa 3 – 4 Monaten reagiert der Säugling immer gezielter, indem er mit den Augen die Geräuschquelle sucht oder seinen Kopf bei Missfallen wegdreht.


Erste sprachliche Äußerungen:
In den ersten 6 – 7 Wochen reagiert ein Baby reflexhaft mit Schreien, u.a. bei Schmerz und Hunger.
Ab circa 3 Monaten gibt das Baby auch andere Laute von sich, meist als Ausdruck von Wohlbefinden: es lallt und bildet zunächst Kehllaute wie gurren, quietschen oder „gr“. Die meisten Eltern können zu diesem Zeitpunkt die Bedürfnisse Ihres Babys an der Art des Schreiens erkennen.
Bis zum 6. Monat klingen alle Babys, egal welcher Nationalität, gleich. Selbst schwerhörige Kinder durchlaufen diese Phase des Spracherwerbs, da die Laute durch die Freude an den Mundbewegungen entstehen.


Lassen Sie sich beraten, wenn:
• Ihr Baby auf Geräusche nicht (mehr) reagiert.

• es keinen Blickkontakt aufnimmt.
• Ihr Kind verstummt, d.h. dass es keine altersentsprechenden Geräusche (mehr) produziert.

 

6. – 12. LebensmonatDas Silbenalter

Sprachverständnis:
Das Baby beginnt, vertraute und fremde Personen an der Stimme und Sprache zu unterscheiden (= ‚fremdeln‘). Es reagiert unterschiedlich emotional auf den Tonfall, die Lautstärke und Mimik der Eltern.
Bis zum 12. Lebensmonat lernt das Kind, auf seinen Namen zu reagieren. Es schaut zu einer genannten, bekannten Person, z.B. „Wo ist der Papa?“


Aktive Sprache:
Ab circa 6 Monaten kann das Kleinkind vor Freude juchzen und macht Laute als Wunschäußerung. Es versucht Laute nachzuahmen, z.B. /m/ und /b/, und beginnt mit dem Silbenplappern. Das Kind produziert Konsonant-Vokal-Silben wie /ba/, Silbenverdopplungen wie /ga-ga/ und es gurrt auf „Rrrrrr“. Dabei kann es seine Tonhöhe und Lautstärke verändern.
Die Laute werden nun zunehmend der jeweiligen Muttersprache angepasst.
Mit etwa 12 Monaten produzieren die meisten Kinder ein erstes „Mama“ oder „Papa“.
Gehörlose Kinder produzieren keine Silbenketten, sodass die Lautproduktion bei diesen Kindern mit etwa einem halben Jahr stagniert.


Lassen Sie sich beraten, wenn:
Ihr Kind keine eigenen Geräusche oder Laute bildet (kein ‚Brabbeln‘).
es auf Ansprache nicht reagiert.

 


12. – 18. Lebensmonat

Sprachverständnis:
Das Kind versteht einfache Fragen und Aufträge wie „Wo ist…?“ oder „Komm her!“. Außerdem kann es Gegenstände holen, wenn es aufgefordert wird. Es versteht das Wort „nein“ als Verbot.


Aktive Sprache:
Rund um seinen ersten Geburtstag spricht das Kind einzelne Wörter wie „Mama“, „Papa“ und „nein“. Es ahmt Tierlaute und Motorengeräusche (wau, miau, muh, brumm) sowie kulturabhängige Gesten wie beispielsweise winke-winke nach. Es kann auf einen Gegenstand, den es haben möchte, zeigen und sagt dabei „da“.
Mit 18 Monaten spricht das Kind bereits 20 – 50 Wörter. Es sagt z.B. „ab“ für ‚abschneiden‘ oder „an“ für ‚anziehen‘.
Es verwendet die Laute /m/, /b/, /p/, /d/, /t/ sowie /n/ korrekt beim Sprechen.


Lassen Sie sich beraten, wenn:
Ihr Kind noch keine Lallketten aus verschiedenen Lauten bildet.
es nur mit Gestik und Mimik kommuniziert.
Ihr Kind keine Freude an Sprache zeigt.

 


18. – 24. Lebensmonat

Sprachverständnis:
In diesem Alter versteht das Kind schon viel mehr, als es sprechen kann. Es begreift einfache Sätze (z.B. „Papa fährt Auto“), Fragen (z.B. „Wo ist dein Bär?“) und Aufgaben (u.a. „Hol deine Jacke!“).


Aktive Sprache:
Das Kind kann schon viele bekannte Gegenstände benennen. Sein Wortschatz wächst stetig und umfasst mit 24 Monaten schon etwa 50 – 100 Wörter. Dabei verwendet es auch erste zusammengesetzte Wörter wie „Müllauto“ oder „Käsebrot“. Es beginnt nun auch ‚Zweiwortsätze‘ zu bilden, z.B. „Tür auf“ oder „Ball haben“. Ein Kind in diesem Alter produziert erste Fragen mit Hilfe der Satzmelodie („Papa da?“, „Eis haben?“).


Lassen Sie sich beraten, wenn:
Ihr Kind bisher nicht begonnen hat zu sprechen.
das Kind nur seine ‚eigene‘ Sprache spricht, die niemand versteht.
sich die Sprache nicht mehr weiterentwickelt oder verschlechtert.
das Kind völlig unverständlich spricht.

 


Ab dem 2. Lebensjahr – Die Wortschatzexplosion –

Sprachverständnis:
Das Sprachverständnis ist dem aktiven Wortschatz weit voraus. Das Kind versteht längere Sätze wie „Papa fährt mit dem Auto“ und kann Doppelaufträge befolgen, z.B. „Hol die Puppe und setze sie auf den Stuhl!“ Es versteht die Präpositionen „auf“ und „unter“.


Aktive Sprache:
Der Wortschatz nimmt in diesem Alter schnell zu. Mit etwa 30 Monaten spricht das Kind schon circa 450 Wörter. Es verwendet verschiedene Wortarten, darunter Nomen (z.B. Tiere, Körperteile, Spielsachen), erste Verben (z.B. haben, fahren, aufmachen) und Funktionswörter (z.B. auch, mehr).
Ein zweijähriges Kind sagt seinen Namen und bildet Zwei- bis Dreiwortsätze wie z.B. „Puppe haben“ oder „Tim Auto fahren“. Es beginnt, von sich in der „ich“-Form zu sprechen.
Es folgt das erste Fragealter, indem das Kind häufig „Is das?“ sagt, um neue Begriffe zu erlernen.
Es spricht nun auch die Laute /w/, /h/, und /s/, wobei es das /s/ noch nicht korrekt produziert.


Lassen Sie sich beraten, wenn:
der Wortschatz Ihres Kindes außer „Mama“ und „Papa“ nur wenige Wörter umfasst. Es sollte mindestens 50 Wörter aktiv benutzen.
das Kind meist unverständlich spricht.
das Kind keine Zweiwortsätze bildet (z.B. „Mama da“).
Sie das Gefühl haben, Ihr Kind versteht Sie nicht.

 


Ab dem 3. Lebensjahr

Sprachverständnis:
Das Kind versteht einfache Geschichten.


Aktive Sprache:
Ein dreijähriges Kind hat bereits einen großen Wortschatz. Es kann Wörter wie „Banane“ und „Krokodil“ rhythmisch korrekt sprechen, d.h. es lässt keine Silben mehr weg.
In diesem Alter bildet es Mehrwortsätze und erste vollständige Sätze (z.B. Jonas spielt Ball). Gleichzeitig befindet es sich im zweiten Fragealter und stellt Fragen mit ‚Wer? Was? Wo? Warum?`.
Das Kind spricht zunehmend deutlicher und beherrscht schon die meisten Laute sowie erste Konsonantenverbindungen (z.B. /fl/ und /br/).
Es kann die Grundfarben benennen und verwendet Präpositionen (auf, in, unter). 


Lassen Sie sich beraten, wenn:
das Kind für Fremde unverständlich spricht.
es nur wenige Tätigkeitswörter (z.B. fahren, essen…), keine Artikel (ein/eine, der/die/das) oder Eigenschaftswörter (z.B. dick) benutzt.
es noch nicht beginnt, die Mehrzahl zu bilden.
es noch keine einfachen Sätze bildet (z.B. „Papa baut ein Haus“).

 


Ab dem 4. Lebensjahr

Sprachverständnis:
Das Kind versteht komplexe Sätze, Fragen und längere Geschichten, beispielweise beim Vorlesen. Es kann Farben zuordnen und versteht Präpositionen (u.a. neben, vor, hinter).


Aktive Sprache:
Das Kind beginnt, komplexe Sätze grammatikalisch richtig zu bilden (z.B. „Ich will trinken, weil ich Durst habe“). Es kann vom Alltag erzählen, singt Lieder und spricht kleine Verse.
Das Kind kann außer den Zischlauten [s] und [sch] alle Laute aussprechen.


Lassen Sie sich beraten, wenn:
es dem Kind schwer fällt, Sätze zu bilden.
es häufig grammatikalisch falsche Sätze bildet.
es noch häufig unverständlich spricht: Probleme mit den Lauten /f/, /w/, /k/, /g/ und /r/ sind bei einem vierjährigen Kind nicht mehr
   altersgerecht. Das gilt auch, wenn das Kind noch keine Konsonantenverbindungen spricht.
es ihm schwer fällt, zusammenhängend über Erlebtes zu erzählen.


Achtung:
Das vierte Lebensjahr stellt das typische Beginnalter für kindliches Stottern dar. Stottertypische Unflüssigkeiten sind Wiederholungen von Lauten und/oder Silben (z.B. „a-a-a-aber“, „ka-ka-kannst du…“), Verlängerungen von Lauten (z.B. „Ffffffffisch“) und Blockierungen von Wörtern („i (Pause) -ich“).

Viele Kinder zeigen in diesem Alter aber auch noch normale kindliche Unflüssigkeiten wie z.B. Wiederholungen von Satzeilen („Da ist, da ist, da ist eine Katze.“) oder Wortwiederholungen („Ich, ich, ich, ich, ich möchte einen Keks“). Diese werden in der Regel weder von den Eltern noch vom Kind als auffällig empfunden.  

 


Ab dem 5. Lebensjahr

Sprachverständnis:
Das Kind kann längeren Erzählungen folgen. Es hat einen großen Wortschatz und versteht im Alltag alles.


Aktive Sprache:
Das Kind spricht alle Laute außer dem [s] korrekt aus.
Es verwendet Oberbegriffe wie z.B. ‚Obst, Fahrzeuge, Möbel‘ und abstrakte Begriffe wie „Glück“.
Das Kind kann bis 10 zählen. Es benutzt die Mehrzahl wie „Hunde, Kinder, Babys, Bananen etc.“ richtig. Es bildet grammatikalisch korrekte Sätze und Fragen (außer dem Dativ „dem, einem“).

Die Sprachentwicklung ist mit ca. 5 Jahren weitgehend abgeschlossen.


Lassen Sie sich beraten, wenn:
die Aussprache noch nicht verständlich ist.
das Kind außer einem Lispeln noch Laute verwechselt oder nicht aussprechen kann.
das Kind noch häufig Fehler im Satzbau und in der Grammatik macht.