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Die verbale Entwicklungsdyspraxie (VED):
Eine Übersicht für Eltern

Synonym: kindliche Sprechapraxie


Begriffsableitung:

verbal = das Sprechen betreffend; auf die Sprechbewegungen bezogen
Praxie = Bewegungsplanung und Programmierung von Bewegungsabläufen
Eine ‚Praxie‘-Störung äußert sich im Unvermögen (Apraxie) bzw. in einer Störung (Dyspraxie), zielgerichtete, willentliche Handlungen auszuführen, obwohl die Motorik intakt ist.
Entwicklungsdyspraxie = der Begriff ‚Entwicklung‘ weist darauf hin, dass es sich um einen Prozess während des Sprecherwerbs handelt.


Was ist eine verbale Entwicklungsdyspraxie?

Kinder mit einer VED haben Schwierigkeiten, die richtigen Bewegungen für die Aussprache von Wörtern zu planen und auszuführen. Somit gehört die VED zu den Sprechstörungen.
Es handelt sich um eine neurologisch bedingte Aussprachestörung, bei der das Gehirn nicht in der Lage ist, bewusste Muskelbewegungen von Zunge, Lippen, Wangen, Kiefer, Gaumensegel und/oder Kehlkopf zu koordinieren, um Wörter zu bilden.
Das Kind weiß dabei, was es sagen möchte, kann die Laute, Silben bzw. Wörter jedoch nicht herausbringen. Dies führt zu unverständlichem Sprechen.

Bei einer VED liegt KEINE Muskelschwäche, -lähmung oder Fehlbildung im Gesichts- und Mundgebiet vor. Außerdem besteht KEINE Hörstörung.
Es ist für Eltern wichtig zu wissen, dass eine VED nicht auf mangelnde Intelligenz oder mangelnde Bemühungen des Kindes zurückzuführen ist.

Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen bei Ihrem Kind bemerken, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ihr erster Ansprechpartner sollte ein Kinderarzt sein, der Sie gegebenenfalls an Spezialisten weiterverweisen kann. Je früher Sie handeln, desto besser sind die Chancen, Ihrem Kind bei der Bewältigung von Fütterungsstörungen zu helfen und eine gesunde Beziehung zum Essen zu entwickeln.


Vorkommenshäufigkeit:
  • etwa 1% aller Kinder
  • etwa 3-5% aller Kinder mit einer Sprechstörung
  • tritt deutlich häufiger bei Jungen als bei Mädchen auf

Ursachen

Die genauen Ursachen der kindlichen Sprechapraxie sind noch nicht vollständig geklärt.
Es werden sowohl genetische Faktoren (Vererbung), Stoffwechselerkrankungen (z.B. Milchsäureunverträglichkeit) als auch neurologische Komponenten vermutet.


Allgemeine Hinweise auf eine VED

Die meisten Kinder fallen schon im Säuglingsalte auf, weil häufig mehrere der folgenden Aspekte zutreffen:

  • ‚ruhiges‘ Baby, hat nur wenig oder gar nicht gelallt
  • Kein Nachplappern und sprachliches Imitieren
  • Sehr später Beginn der Sprachenwicklung: erst spät erste Wörter; anschließend keine oder sehr schwerfällige Weiterentwicklung der Sprache
  • Probleme beim Essen und/oder Trinken
  • Sensibilitätsprobleme im Mundbereich
  • Vermehrter Speichelfluss

Typische Symptome im Sprechen

Die Merkmale einer VED sind bei jedem Kind unterschiedlich ausgeprägt. Dadurch ist die VED auch häufig schwierig zu diagnostizieren.

  • Das Sprachverständnis (rezeptive Leistung) ist signifikant besser aus das Sprechen (produktive Leistung).
  • Das Kind ist schwer zu verstehen. Es zeigt bevorzugte Laute (z.B. spricht das Kind nur Vokale oder nur bestimmte Konsonanten).
  • Wörter werden mal richtig und mal falsch ausgesprochen.
  • Je länger und komplexer ein Wort ist, umso mehr Fehler macht das Kind.
  • Bei Wiederholung wird die Aussprache des Wortes schlechter (z.B. Limonade, Limonale, Limilale, Milinale…).
  • Die spontane Sprache des Kindes ist besonders schwer verständlich. Einzelne Laute und Wörter können ggf. gut ausgesprochen werden.
  • Geübte Wörter gelingen in der Übungssituation, im Alltag aber nicht.
  • Es sind evtl. ‚Suchbewegung‘ von Lippen und Zunge zu beobachten. Man sieht manchen Kindern an, wie viel Mühe sie beim Sprechen haben.
  • Das Kind ist sprechfreudig und will sich gerne mittteilen.
  • Es versucht seine sprachliche Schwäche durch eine ausgeprägte Mimik und Gestik zu kompensieren.
  • Es liegt ein ausgeprägtes Störungsbewusstsein vor, d.h. das Kind weiß, das es anders/fehlerhaft spricht und ist dadurch frustriert.


Bei vielen Kindern mit VED sind aufgrund der massiven Probleme zu sprechen auch andere Bereiche der Sprachentwicklung auffällig (Wortschatz, Satzbau, Grammatik).


Wichtig für Eltern:
  • Kinder mit einer VED sind NICHT sprechfaul!
  • Reagieren Sie posiitiv auf ALLE Kommunikationsversuche Ihres Kindes (zeigen, hinführen, Gesten, Mimik)!
  • Fordern Sie es nicht auf, ein Wort noch einmal ‚richtig‘ zu sagen!

 

Die logopädische Therapie

Eine VED kann mit professioneller logopädischer Therapie behandelt werden kann. Dazu gibt es speziell für diese Sprechstörung entwickelte Therapiemethoden (z.B. KoArt, TAKTKIN), die darauf abzielen, die Sprechfähigkeiten Ihres Kindes zu verbessern, die Kommunikation zu erleichtern und das Selbstvertrauen Ihres Kindes zu stärken.
Sie als Eltern sind für das Gelingen der Therapie von essentieller Bedeutung, indem Sie die Übungen zu Hause mit Ihrem Kind regelmäßig wiederholen und eng in den Therapieprozess einbezogen sind.
Eine frühzeitige Diagnostik und Therapie sind entscheidend, um die Sprech- und Sprachentwicklung dieser Kinder zu unterstützen und langfristige Schwierigkeiten zu minimieren.